Mittwoch, 28. Mai 2008

streiken? wenn das so einfach wäre...

kurz zu gestern:

um eins (übergabe-beginn) kam die stellvertretende pflegedientleitung und zog uns die praktikantin ab weil auf der inneren so viel zu tun sei. dass aber unsere stationsleitung schon am vormittag gesagt hatte, dass das nicht möglich sei weil auch bei uns der bär brennt war egal. also haben meine kollegin und ich mal wieder überstunden und keine pause gemacht. burn out, ick hör dir trapsen...

heute morgen:

04:50h der wecker klingelt das erste mal. okay, noch zehn minuten...

05:00h der wecker klingelt das zweite mal und ich stehe auf. das gesicht im spiegel kenn ich nicht, beweg mich aber trotzdem unter die dusche. da war ich zwar erst vor sieben stunden aber es muss einfach nochmal sein.

05:40h ich sitz in meinem auto, zünde im halbschlaf die zigarette an und lasse mich von mika zur arbeit bringen. mein auto kennt den weg gut.

05:55h ich sitze auf station und sehe wie die nachtschwester noch wie ne irre rumrennt. die nacht scheint wohl das weitergeführt zu haben was meine kollegin und ich im spätdienst hatten.

06:30h auf in die ersten zimmer. das übliche... blutdruck, puls und fieber messen. noch eben schnell das bett glatt ziehen, heparin-spritzen verteilen und ins nächste zimmer. noch hier und da rasieren, da OPs anstehen und die ärzte nicht gern die haare in ihrem OP-feld haben.

07:28h visite! normalerweise dauert es gut 25 minuten am morgen um die erste hälfte (wir teilen den ganzen flur in zwei bereiche auf) zu schaffen. aber während die anderen um kurz vor acht anfangen das frühstück zu verteilen habe ich noch vier von acht zimmern vor mir und muss die ärzte ein wenig antreiben. ist ja nicht so, dass ich nicht noch mehr zu tun hab. aber wir schwestern schaffen unsere arbeit ja immer irgendwie.

08:39h noch schnell die labore für den heutigen tag vorbereiten. visite ausarbeiten? nee, keine chance. noch zwei patienten brauchen hilfe beim waschen und meine kollegin hat noch vier von der sorte zu versorgen. also erstmal sehen, dass die alle fertig werden. nachdem wir diverse leute aus der sche*sse gezogen und jede menge nierenschalen entsorgt haben schau ich auf die uhr und wir haben...ups, schon viertel nach zehn. bis hierhin habe ich weder gegessen (was nicht sonderlich schlimm ist) nur ein glas cola getrunken, meine visite noch nicht mal angesehen noch bin ich mal auf toilette gewesen. aber wieso auch, das wenige was ich getrunken habe hab ich bereits wieder ausgechwitzt. wir haben mindestens 35 grad auf unserem flur und unsere polyester-klamotten sind nicht gearde atmungsaktiv. jetzt noch schnell verbände machen. mist, da hat n arzt wieder mist gebaut und wir dürfen sehn wie wir die verbände 'basteln' damit auch wirklich alles um drainagen, zugänge und folien hält.

11:00h praktikantin und schülerin werden unterrichtet wer was essen darf, denn in einer halben stunde wird auch das schon wieder auf dem flur stehen. noch schnell die mittags-medis gestellt, so zwischen tür und angel aber man hat ja routine.

11:15h die intensiv-station ruft an, wir haben noch eine übernahme. aufgelegt klingelt es wieder, der OP verlangt den ersten patienten. jetzt geht es 10-minuten-takt, denn wir haben ab mittags drei OP-säle wo die chirurgen operieren können. visite ausgearbeitet? nee, natürlich noch nicht. berichte geschrieben? ach was, wo kommen wir denn dahin?!

12:00h endlich mal sitzen. visite ausarbeiten, medikamente für zwei tage vorstellen und berichte schreiben. das alles müsste in einer stunde geschafft sein, denn dann kommt der spätdienst. aussichten eher schlecht.

13:10h endlich können wir mit der übergabe anfangen. berichte werden erst danach geschrieben, da keine zeit mehr war.

14:15h meine kollegin und ich stehn in der umkleide und sind froh dass wir es hinter uns haben. wir haben weder gegessen, noch ausreichend getrunken oder waren mal auf toilette. aber das alles fällt uns erst auf als wir draussen vor der tür stehen und ich mir eine zigarette anzünde. aber jetzt wollen wir einfach nur noch nach hause, und zwar beide.


was man hier nicht lesen kann was alles gemacht wurde und wie anstrengend die zum grossen teil körperliche arbeit war. ohne unsere praktikantin und schülerin wären wir aufgeschmissen gewesen. und auch die leitung, mit der wir sonst immer stress haben, hat mitgearbeitet. wir haben trotz allem lachen können und hatten spass, auch wenn man das nicht glauben kann. die belastung wird immer grösser, aber wenn man so toll zusammenarbeitet wie wir heute macht es trotz allem spass :o) und trotzdem ist man froh wenn man das irrenhaus verlassen kann ;o)

10 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Liebe Tommy,

ich bin froh dass es solche Krankenschwestern wie dich gibt und ich weiss auch das 90% deinem Verhalten ähneln. Als meine Oma damals im Krankenhaus war wurde sie wunderbarst von solchen Schwestern wie dir aufgefangen, obwohl auf der Station alles brannte und eigentlich keine Zeit vorhanden war. Deswegen drücke ich dir für deine Liebe zu deinem Beruf einen dicken Schmatz auf, denn solche Menschen wie du, sind in so einer Situation wie mit meiner Oma damals Gold wert.
Meine beste Freundin arbeitet in der Krankenpflege und bei ihr ist es genauso wie bei dir. Sie kommt frühestens 2 Std nach Feierabend erst dazu Berichte zu schreiben. Wo soll das alles noch hinführen...?

Anonym hat gesagt…

Ich bin die letzten Jahre wirklich einige Male im KH gewesen und habe immer meinen Hut gezogen vor den Schwestern. Das was ihr leistet verdient absolute Anerkennung. Ich ziehe meinen Hut.

;)
Murmel

Lily hat gesagt…

Meinen Respekt und meine Hochachtung vor dem, was ihr tagtäglich leistet ! Der Beruf muss wohl mit jeder Menge Idealismus einher gehen sonst kann das gar nicht funktionieren. Geh doch mal kurz vor Ladenschluß zu einem Kafferöster Deiner Wahl und ertreiste Dich, einen Cappu zu wollen. Da heisst es dann, die Maschine wäre schon sauber, es gibt nix mehr. Könnt ihr ja nicht sagen, es ist jetzt Feierabend, die Medis gibt's dann morgen wieder.

Mein Cousinchen ist auch ne kranke Schwester und seit die Klinik zu einer AG gehört fehlt auch vorne wie hinten Personal. Wie Froillein Muh schon sagt ... wo soll das enden ???

Anonym hat gesagt…

oh mein gott! ich zieh den hut -ganztiefverbeug- war für ein tag!! ihr seid die wahren engel in weiß...

Anonym hat gesagt…

Dein Bericht erinnert mich an die Situation im Krankenhaus, damals. Als dem Junior hinterher die Thorax-Drainage gelegt werden musste. Zuerst wollten die Ärzte noch abwarten. Erst lag er auf der Intensivüberwachnug, auf der es einen - für meine Begriffe - hohen Personalschlüssel gab. Nach drei Tagen sollte er zum Beobachten auf die "normale". Auf der normalen Kinderstation war es brechend voll ...und ich sah nur zwei Schwestern. Ich sprach sie darauf an und sie sagte: "An manchen Tagen denke ich, dass ich mit einem Bein im Knast stehe".

Es war teilweise unverantwortlich, was die mit den Mitarbeiterinnen dort im KH gemacht haben. Erst, als wir wieder auf die Intensivstation mussten, war wirklich dann eine Krankenschwester da, wenn wir sie gebraucht haben. Unhaltbare Zustände für alle Beteiligten und ich ziehe den Hut vor der Arbeit, die ihr täglich leistet. Ich möchte diese Verantwortung nicht auf mich nehmen. Auf keinen Fall.

Anonym hat gesagt…

Ich finde es auch bewundernswert, was ihr alles schafft. Aber wenn das so weiter geht, dann liegst du bald selbst in so einem Krankenbett.

Anonym hat gesagt…

*lächel*
Das macht Dich aus: Du machst Deinen Job mit Leib und Seele.
*drück*

Falls ich jemals in Bonn ins KH muss, möchte ich zu Dir :)

Tommy hat gesagt…

oh man, das liest sich sooooooo schön von euch, danke :o)

ja, ich liebe meinen job, auch an solchen tagen. ich versuche immer zu lachen und mache auch immer eine witz, selbst im grössten stress. die patienten merken das und finden es toll.

@ frau w.
auf intensiv ist der personalschlüssel immer viel besser, habe selbst mal auf intensiv gearbeitet. auch ich denke an manchen tagen, dass ich mit einem bein im knast steh und tu es auch bestimmt. aber was soll man machen?! die PDL interessiert es nicht, denn wir schaffen es ja immer... irgendwie.

@meg
dann musst aber schon echt was haben, wir sind die chirurgie mit den grossen OPs. meist darm-OPs oder magen-OPs. ich hoffe, ich seh dich da nicht so schnell ;o)

Anonym hat gesagt…

Das hoffe ich auch, denn bei mir wäre es Pankreatitis - und das muss nicht sein :)

Tommy hat gesagt…

aber damit würdest auch bei uns landen :o) und dann pass ich natürlich gerne auf dich auf. aber ich bin auch, trotz späßen, eine strenge schwester die ihre leute im griff hat ;o)